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Karrieretipps: Fit für das Gesundheitswesen der Zukunft

Herr Calmer, vielen Dank, dass Sie uns ein paar Einblicke in die Berufsbilder und Qualifikationen geben, die im Gesundheitsbereich in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Als Director Business Development Central Europe bei Cerner Deutschland haben Sie ein konstantes Auge auf die Entwicklung des Gesundheitsmarktes.

Gleich zum Einstieg deshalb die klassische Frage: Ausbildung oder Studium? Welchen Weg sollten Interessierte gehen, um den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere im Bereich Digital Health zu legen?

In unserem Kulturkreis hat das Studium einen höheren Stellenwert – will man also auf Nummer sicher gehen und hat die nötigen Skills, ist ein Studium sicher empfehlenswert. Wir bei Cerner bilden aber auch sehr gerne Menschen aus, d.h. sie machen bei uns eine 2,5- bis 3-jährige Ausbildung und sind dann bestens vorbereitet für die vielen anfallenden Tätigkeiten, sowohl bei uns als auch in den Krankenhäusern. Dazu ist in vielen Fällen ein Studium gar nicht erforderlich.

Welche Berufsbilder stehen momentan besonders hoch im Kurs?

Im Grunde sind es drei Themenfelder, die im Gesundheitswesen gerade besonders gefragt sind:

  • E-Health: Rund um das Thema E-Health und den damit verbundenen Schlagworten wie Telematik, Gematik und Telemedizin tummeln sich viele Ausbildungsberufe. Außerdem gibt es betriebswirtschaftliche oder volks-wirtschaftliche Studiengänge mit E-Health als Spezialgebiet.
  • KI (Künstliche Intelligenz): In diesem Umfeld sind uns allen Deep Mind von Google oder Watson von IBM ein Begriff. Hier geht es darum, aus Big Data entsprechendes Wissen zu generieren. In diesem Umfeld werden Medizininformatiker oder Data Analysts dringend gesucht.
  • Start-ups: Ein Großteil der Start-ups weltweit beschäftigt sich mit den Themen Gesundheit, Wellness und personalisierter Medizin. Auch hier werden in verschiedenster Art und Weise Menschen mit Wissen über das Gesundheitswesen und Erfahrung in diesen Bereichen gesucht. Die eigentliche Ausbildung hat in diesem Umfeld sicher eine geringere Bedeutung. Hier sind eher Unternehmergeist und unkonventionelles Vorgehen gefragt.

Wie schätzen Sie das Ausbildungsangebot an Hochschulen und Universitäten ein? Welchen konkreten Problemen und Herausforderungen stehen Absolventen im Bereich Digital Health nach ihrem Studienabschluss gegenüber?

Das Angebot an Hochschulen und Universitäten ist im Bereich Informatik, Betriebswirtschaft und Pflege grundsätzlich sehr gut und vielfältig. Durch die verschiedenen Studiendesigns und -bezeichnungen aber leider auch hoffnungslos unübersichtlich. Wer kennt schon die Unterschiede zwischen Medizinischer Informatik, Biomedizintechnik, Medizinphysik? Oder zwischen E-Health (MA), E-Health-IT, Medizinisches Informationsmanagement/E-Health, dem Master of Arts in Medizinmanagement und Gesundheitstechnologie und einem Master in Health Information Management?

Die Studiengänge sind in der Regel nicht wirklich auf spezielle Zielgruppen im späteren Arbeitsleben zugeschnitten, sondern versuchen, generische bzw. generelle Fähigkeiten zu vermitteln, die einen breiten Zugang zu verschiedenen Berufsfeldern ermöglichen sollen. Die Arbeitgeber suchen indes genau umgekehrt für eine spezielle Aufgabe den bestmöglichen Kandidaten. Da müssen Ausbildung, persönliche Skills und Interessen sowie die konkrete Aufgabe bestmöglich zusammengebracht werden. Das ist für beide Seiten keine einfache Aufgabe.

Eine weitere Herausforderung ist, dass die gelehrten Inhalte, z.B. Telemedizin, seit geraumer Zeit verfügbar sind, d.h. längst in die Ausbildung Eingang gefunden haben – im harten Praxisalltag in Deutschland aber oft noch nicht angekommen sind. Das heißt, die Berufseinsteiger werden häufig mit Gegebenheiten konfrontiert, die weit hinter den gelehrten und technisch möglichen liegen.

Wie wichtig sind praktische Erfahrungen neben dem Studium für einen Einstieg? Wie sollten diese aussehen?

Aus unserer Sicht – und insbesondere, um die in der vorherigen Frage diskutierten Herausforderungen und Risiken zu minimieren – empfehle ich dringend, jede Möglichkeit für ein Praktikum in verschiedenen Jobprofilen zu nutzen. So kann es für jemanden, der ganz sicher in einem IT-Unternehmen im Gesundheitswesen arbeiten möchte, sehr hilfreich sein, ein Praktikum im Krankenhaus zu absolvieren.

Es hilft ungemein, die konkrete Situation eines künftigen Kunden zu verstehen. Zudem können sich Arbeitgeber und Studenten schon in dieser Phase kennenlernen. In unserem Unternehmen bieten wir deshalb nicht nur Praktika an, sondern auch die Möglichkeit, Bachelor- oder Masterarbeiten mit einer konkreten, praxisrelevanten Fragestellung durchzuführen.

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Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollte jemand mitbringen, der sich als Quereinsteiger im Gesundheitswesen behaupten möchte? Welche Optionen stehen so jemandem überhaupt offen?

Ich denke, die Grundlage ist immer Offenheit und ehrliches Interesse.

Wer diese Eigenschaften hat, ist im Gesundheitswesen immer willkommen. Und was heiβt schon Quereinsteiger: Ist jemand, der MTA (Medizinisch-technischer Assistent) gelernt hat und in einem Softwareunternehmen Schulungen durchführt, ein Quereinsteiger? Ist jemand, der in der Automobilindustrie Qualitätsprozesse gemanagt hat und nun in einem Krankenhaus arbeitet, ein Quereinsteiger? Oder bringt er sein Fachwissen nur in einer anderen Branche ein?

Gerade in dieser Branche mit sehr vielen spezialisierten Berufen und Berufungen braucht es auch immer wieder den Blick über den Tellerrand. Nur so lassen sich unterschiedlichste Aspekte und Perspektiven in die vielen Rollen einbinden, um das Gesundheitswesen an sich weiterzuentwickeln.

Sie selbst haben Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen an der Fachhochschule Osnabrück studiert. Wie hat Sie Ihr Studium auf Ihre jetzige Aufgabe vorbereitet, und was sind die größten Veränderungen im Gesundheitsbereich seit Ihrer eigenen Ausbildung?

Das Studium in Osnabrück vor mehr als 30 Jahren hat mich die betriebswirtschaftlichen Prinzipien in den Krankenhäusern gelehrt. Das war damals noch neu in dieser Branche – sie kam ja von der Kameralistik kommunaler Einrichtungen. Was mich das Studium aber vor allem gelehrt hat, ist die Notwendigkeit von Veränderungen. Schon damals hielten die „Jahrhundertgesetze“ wie die Krankenhausbuchführungsverordnung allenfalls drei bis fünf Jahre. Dann kam ein neues Gesetz und mit ihm neuer Handlungsbedarf.

Die größte Veränderung im Gesundheitsbereich ist sicher die Digitalisierung – sie kommt, mit etwas Verspätung, nun auch im Gesundheitswesen in Deutschland an. Papier und Bleistift, Telefon und Fax sind immer noch da. Aber langsam kommen auch Visitenwagen, mobile Anwendungen, Interoperabilität und die digitale Fieberkurve.

Gleichzeitig macht die Medizin nicht Halt: Das, was früher in der Fachrichtung „Chirurgie“ zusammengefasst war, sind heute eine Vielzahl von Fachrichtungen, etwa Viszeralchirurgie, Traumatologie oder minimalinvasive Chirurgie. Waren damals CTs noch eine absolute Seltenheit – man musste noch begründen, wenn es statt der zwei Aufnahmen vier sein sollten – sind es heute 64-Zeiler mit 3.000 Bildern bzw. MRTs.

Auf welche weiteren Veränderungen müssen sich Akteure einstellen, die eine „klassische” Ausbildung absolviert haben? Welche Berufsbilder werden in Zukunft deutlich wichtiger, von welchen Berufswünschen sollte man Abstand nehmen?

Zunächst einmal die frohe Botschaft: Wir alle werden älter, und gleichzeitig haben wir noch eine große „Beule“ in der Demografie mit den Babyboomern vor uns. Im Gesundheitswesen geht uns die Arbeit also nicht aus. Zudem ist das Gesundheitswesen vorwiegend eine lokale Angelegenheit, das heißt die Versorgung kann nur sehr bedingt in andere Länder ausgelagert werden.

Klar ist aber auch: Damit es ein bezahlbares Gesundheitssystem bleibt, müssen wir Aufgaben automatisieren. Aber das trifft alle Bereiche des Gesundheitswesens – von der klassischen Ausbildung bis zum Medizinstudium, von der IT hin zu Entscheidungsunterstützung und Automatisierung von Arbeitsprozessen.

Aus meiner Sicht ist es die Einstellung, die wir ändern müssen. Es geht um lebenslanges Lernen, immer wieder am Ball der Zeit zu bleiben. Auch den lebenslangen Arbeitgeber wird es immer seltener geben. Eigentlich eine schöne Perspektive, oder?

Was sind die drei Eigenschaften, die ein idealer Kandidat mitbringen sollte, um auch in Zukunft erfolgreich im Gesundheitswesen bestehen zu können?

Im Gesundheitswesen geht es immer um Menschen – seien es Patienten, Kollegen, Kunden. Folglich stehen für mich an erster Stelle Einfühlungsvermögen, Geduld und Freundlichkeit.

An zweiter Stelle stehen für mich Interesse und Neugier an der Aufgabe sowie der Wille, immer wieder Neues zu lernen.

An dritter Stelle würde ich gern etwas – vermutlich – Ungewöhnliches aufführen: Kreativität. Es bedarf Fantasie, sich auf veränderte Situationen einzustellen und die Chancen in der Veränderung zu suchen und zu nutzen.

Welche Eigenschaften sollten KandidatInnen mitbringen, die sich bei Ihnen bewerben möchten?

Cerner sucht Menschen mit Begeisterung für das Gesundheitswesen. Menschen, die auch bewusst „Altes“ in Frage stellen und einfach kreativ „neu spinnen“. Wir suchen Leute, die Lösungen aus verschiedensten Blickwinkeln suchen, eingefahrene Pfade verlassen bzw. erst gar nicht beschreiten. Wir wollen Leute, die neugierig bleiben. Starke Networking-Skills sind dabei genauso unerlässlich wie die Fähigkeit, auch mal um Hilfe zu bitten.

Herr Calmer, herzlichen Dank für diese Einblicke!

Zur Person

Bernhard Calmer, Cerner GmbH, Leiter Geschäftsentwicklung

Bernhard Calmer, Leiter Geschäftsentwicklung bei Cerner Deutschland

Bernhard Calmer ist Leiter Geschäftsentwicklung bei Cerner Deutschland.

Er studierte Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen an der FH Osnabrück und ist seit über 25 Jahren im deutschen Gesundheitswesen tätig. In seiner beruflichen Laufbahn war er in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Vertrieb und Geschäftsentwicklung tätig.

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